Freejack, 1992. Regie Geoff Murphy, Drehbuch Ronald Shusett (Alien, Total Recall). Mit Emilio Estevez, Mick Jagger, Anthony Hopkins und Rene Russo
Eine Deutung mit Hilfe von Jan Assmann, Tod und Jenseits im Alten Ägypten, Verlag C.H.Beck, München 2001
Ein Freejack ist in dem gleichnamigen Film von 1992 ein Sterbender, der im Augenblick seines Todes von der Zukunft des Jahres 2009 gekidnappt wird, weil sein Körper gebraucht wird. Das Bewußtsein eines Toten der Zukunft kann in einem Supercomputer gespeichert werden, wo es sich aber aus irgendwelchen Gründen nur ein paar Tage lang hält, bevor es endgültig stirbt. In dieser Zeitspanne muss ein Ersatzkörper für das Bewußtsein besorgt werden. Da 2009 alle lebenden Menschen durch Umweltgifte verseucht sind, wird der Körper aus der fernerenVergangenheit geholt. Dazu benötigt man einen Tod, dessen genaue Zeit- und Raumkoordinaten man kennt. (Reisen in Vergangenheit oder Zukunft, durch die man natürlich jeden Zeitpunkt genau bestimmen könnte, spielen sonst in dem Film keine Rolle.)
Ein verunglückter Rennfahrer wird aus der Vergangenheit hinübergeholt, kann aber entkommen, bevor sein eigenes Bewußtsein annihiliert wird, um Platz für das fremde Bewußtsein zu machen. („Brain transfer?“ – „No, mind transfer!“) Er läuft durch die Stadt voller Abfälle, Lumpen und Dampf, und findet schließlich seine Verlobte an der Seite eines mächtigen Konzernchefs. Dieser ist aber bereits gestorben – die Verlobte weiß nicht, daß sie nur mit einem Videobild spricht – und er ist es, dessen Geist in den Köper des Rennfahrers transferiert werden soll.
Durch seinen Söldner Mick Jagger macht der Konzernchef Jagd auf den Flüchtigen, er möchte seinen Körper. Rivalisierend dazu gibt es eine andere Bande, die vom Stellvertreter des Chefs dirigiert wird und den Rennfahrer töten soll.
Nachdem sie die Angriffe überlebt und die Angreifer abgeschüttelt haben, gelangen der Rennfahrer und seine Verlobte in die Zentrale, wo sie der Stellvertreter empfängt. Es stellt sich heraus, daß dieser selbst nach der Macht greifen will, weshalb er den Transfer unbedingt verhindern möchte. Im Nebenzimmer liegt der tote Chef in einem bläulich beleuchteten Glassarg.
Auch dem Stellvertreter können sie entkommen und gelangen in den 200. Stock über Manhattan, wo sie der Supercomputer mit trashigen Animationen einer Fahrt ins Bewußtsein des Chefs unterhält. Der Chef legt sie herein und erreicht schließlich den gewünschten Transfer – mittels blauer Blitze, die zwischen seinem Videobild und dem Rennfahrer hin- und herlaufen. Doch der Rennfahrer sperrt erfolgreich alle Kräfte seiner Gedanken an und bleibt er selbst. Da er aber vortäuscht, der Geist des Chefs sei in ihn eingefahren, kann er dessen Platz einnehmen. Im letzten Bild wird klar, daß der Söldner Mick Jagger und die Verlobte wissen, daß er der Rennfahrer geblieben ist.
Übergangsriten
Der Vater stirbt. Aber sein Geist ist noch nicht hinübergegangen / tot. Er bedroht die Lebenden noch einige Tage lang. Körperlos irrt er umher und würde am liebsten in den Körper des Sohnes einfahren. Der Sohn muß sich dagegen wehren, selbst in die Unterwelt gezogen zu werden. Wenn der Vater Erfolg hat, ist der Sohn tot und kann nicht mehr für die Ehre des Vaters, sein ka, in der Oberwelt eintreten. Dort wird sie bedroht von seinem Feind, dem Stellvertreter, dem Usurpator.
Der Sohn muß den Platz des Vaters einnehmen, er muß von seinem ka umarmt und als legitimer Horussohn anerkannt werden. Er muß sozial sein Vater werden und gleichzeitig er selbst bleiben: die Treue der Söldner des Vaters gilt nun ihm.
Isis, die Schwester/Gattin, hilft den Toten mit ihrer Liebe bei der Überfahrt. Sie sammelt die zerstückelten Glieder zusammen.
Der Rennfahrer stirbt zuerst. Er ist nicht nur der Sohn, in den der Geist des mächtigen und reichen Chefs einfahren will, er ist auch dessen Vater! Und sein Körper soll von Isis, seiner Verlobten, zusammengesucht werden, aber nach der Explosion des Wagens ist nicht einmal ein Finger zu finden. Ohne rituelle Bestattung kann es aber keinen Frieden für den Toten geben. Isis bewahrt ihm auch nach 18 Jahren ihre Liebe. Sie hat keinen anderen Mann. Dem Chef hat sie sich gesperrt, er hat ihr Herz nicht. Ohne ihre Liebe ist auch für ihn der Übergang ins Totenreich nicht möglich. Deshalb muß er im Körper seines Vorgängers ihre Liebe erringen.
Der Rennfahrer hat den Körper und das der Leibsphäre zugehörige ba, den Schatten des Toten, welchen Isis liebt; der Chef das soziale Ich, das ka. Isis möchte dem Rennfahrer zunächst nicht folgen, als er verfolgt wird. Er müsse verstehen, sie habe ein Leben hier. Eine Stellung. Sie ist top. Da sie sich dann doch auf ihre Liebe besinnt, kann sie das Zerstückelte wieder zusammenfügen.
Der Rennfahrer erringt die Stellung seines Vaters, nimmt so sehr seinen Platz ein, dass die Söldner (bis auf Mick Jagger, der dessen ba kennt) glauben, er sei selbst der Vater. Der Tote kann leben, wenn auch nur in der Unterwelt – dem verseuchten, verslumten 2009.