Antje Majewski ist eine erstaunliche Malerin, auch deshalb, weil sie es geschafft hat, sich aus dem großen Themenkomplex “Deutsche Malerei” der Nuller-Jahre komplett herauszuhalten. Dabei ist sie technisch Kollegen wie Eberhard Havekost oder Tim Eitel ebenbürtig, und auch ihre Themen liegen keineswegs außerhalb der aktuellen Diskurse. Ihr Gestus mag keine neuen Fragen an das Medium Malerei stellen, doch gibt es etwas ausgesprochen Zeitgenössisches in ihren Gemälden – wahrscheinlich sind es die Menschen, die sie bevölkern.
Sie hat russische Strafgefangene gemalt, so wie sie in einer “GEO”-Reportage fotografiert werden könnten, sich küssende oder im Freibad schwimmende Jugendliche und ein geschminktes Theater-Ensemble, das der Musikerin Björk offenbar so gut gefallen hat, dass das Cover ihres Albums “Volta” 2007 den Look der Figuren zitiert.
Oft beschäftigen Antje Majewski Gesten, die beschwörend wirken, wie jetzt in ihrer aktuellen Ausstellung bei Neugerriemschneider. In großen Formaten geht es je um eine junge Frau, die sich zu einem bestimmten Objekt räumlich und körperlich verhält: Eine Nackte steigt in einer Eislandschaft in ein riesiges Schneckenhaus, ein meteoritenartiger Stein ruht auf dem Bauch einer Frau, die in der Yogastellung “Brücke” verharrt. Insgesamt sind es sieben Objekte, eine verschlossene Holzdose ist darunter, deren Inhalt (eine schwarze Kugel oder zwei Glasaugen) nur im Titel preisgegeben wird.
Diesen kultischen, transitorischen Dingen spürt Antje Majewski nach, und schnell ist man bei den richtig großen Fragen, nach dem Verhältnis von Natur und Kultur, von Mensch zum Kosmos. Nichts daran ist kitschig, das ist vielleicht das Seltsamste an diesen magisch-surrealistischen Darstellungen.
In einer Nische hat die Künstlerin das Kaminzimmer des Halbblut-Osage-Indianer John Joseph Mathews nachgebaut, ausgestattet mit ihren eigenen Möbeln. Mathews, der in Oxford studierte, wandte sich dem schlichten leben zu und beschrieb es in dem Buch “Talking to the Moon”. Auf seinen (und also auch auf Majewskis) Sims steht auf Latein: “Jagen, baden, spielen, lachen, das heißt zu leben”. Ein einfaches Regelwerk für ein einfaches Daseinskonzept. Antje Majewski sucht in ihrer Kunst ebenfalls danach, und es ist anregend, ihr dabei zuzusehen.
Erschienen in monopol, August 2011